The Waiting

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Seb-O-Mat im Juli 2006

31. Januar 2007

Ketwurst - Kettwurst

Wie Ihr alle wisst, bin ich ja grundsätzlich nicht penibel. Außerdem liegt es mir fern, anderen mit so trivialen Themen die Zeit zu rauben. Ich hätte auch nie gedacht, dass dieser unscheinbare Beitrag so impulsive Reaktionen nach sich ziehen würde. Ich habe dennoch weiter recherchiert:

1. bei Google gibt es 515 Treffer für 'Ketwurst' und 521 für 'Kettwurst'.

2. ein Artikel auf Tagesspiegel-Online vom 12.02.2003 schreibt auch von der 'Kettwurst'.

3. www.duden.de wartet gerade seine Website.

4. im Archiv der Berliner Zeitung findet man zwischen dem 1.1.2000 und dem 30.1.2007 sieben Artikel mit 'Ketwurst' und drei Artikel mit 'Kettwurst', von denen sich einer mit der falschen Schreibweise 'Kettwurst' befasst und auf die richtige, nämlich 'Ketwurst', hinweist.

Man darf Wikipedia nicht alles glauben, aber der Berliner Zeitung in diesem Fall ein bisschen mehr. Schließlich steht dort auch, wie der Name der 'Ketwurst' patentiert wurde.

Und dennoch: selbst wenn ich Ketwurst ab jetzt mit einem 't' schreibe, werde ich dabei immer an 'Kettwurst' mit zwei 't' denken. Und noch etwas: Wir sind alle Menschen und die Sprache ist die Sprache. Wir können nicht ohne sie leben, sie aber auch nicht ohne uns. Wenn wir, die 'Kettwurst'-mit-Doppel-'t'-Sympathisanten dieser Erde, uns anstrengen, zusammenhalten und demonstrativ "'Kettwurst'-mit-Doppel-'t'" sagen, dann können wir es schaffen! Die Sprache ist kein "Werk" (Ergon), sondern eine "Thätigkeit" (Energeia), wußte schon der alte Humboldt. Guten Appetit!

29. Januar 2007

Mein Name ist Wurst. - Nein, nicht Hans! - Kett, Kett Wurst!

Es ist inzwischen etwas zur Gewohnheit geworden, dass ich meinen soeben auf der Tartanbahn meines Vertrauens gestählten Body *1) für diese Härte im Nachhinein mit einer Kettwurst belohne. Natürlich nur beim Kettwurst-Dealer *2) meines Vertrauens! Der Kettwurst-Stand ist im Übrigen der einzige Laden in der ganzen Schönhauser Allee, der nicht damit prahlt, die Mehrwertsteuererhöhung nicht mitgemacht zu haben. Ganz nebenbei handelt sich ja auch um ein Lebensmittel. Für mich inzwischen ein Überlebensmittel, aber das nur nebenbei. Trotzdem kostet die Kettwurst jetzt 1,70€ statt früher 1,60€. Die Mehrwertsteuer von 7% auf eine Kettwurst macht 11,2 Cent. Bei einem neuen Preis von 1,70€ kommen also nochmal 10 Cent oben drauf. Ich möchte meinen, das wäre eine Steigerung des Steuersatzes um fast das Doppelte. Ich meine weiter, dass wir das an dieser Stelle nicht weiter vertiefen sollten. Neben dem Preisschock, der sonst nur beim Benzin solchen Aufruhr verursacht, ist mir etwas anderes aufgestoßen.

Die adrette, schwergewichtige aber immer gutgelaunte Verkäuferin erlaubte sich heute eine Demonstration ihrer guten Laune. Leider war ich ihr Opfer:

Ich: Eine Kettwurst bitte.


Ich wedelte mit einem Zehn-Euro-Schein, der vom Rausziehen aus dem Portemonnaie noch etwas nachfederte.

Sie: Das macht dann zehn Euro!


Ich sagte darauhin nichts. Eine..., zwei..., drei..., vier Sekunden vergingen, bis sie mich ansah und meinte:

Sie: Vasteh'n se? Zehn Euro, wa? Hehe. Ick erlaube mir ja manchmal so'n Witz. Dit is immer so lustich mit de Kunden, wenn die denn nich' richtich hinhör'n. Und manchmal merken die jarnich, dassick se vaarsche. Und hätt'n se fünfzich Euro jehabt, hätt' ick "fuffzich" jesacht. Die sind do' sonst imma so spröde, die Kunden, wissen se?


Nebenbei bereitet sie die Kettwurst zu. Sie nimmt die Wurst mit der Kettwurst-Zange, taucht sie einmal im Kettwurst-Saucen-Bad, das in der Hauptsache rot aussieht, richtig unter, zieht sie zweimal durch den Kettwurst-Saucen-Bottich, so, wie andere mit einem Schiffchen in der Badewanne spielen, nur wesentlich routinierter, zupft dann das Kettwurst-Brot vom Kettwurst-Brot-Heizstab und schwingt die Wurst in den, vom Kettwurst-Brot-Heizstab vorgestanzten Kettwurst-Einlass des Kettwurst-Brotes und lässt die Wurst daraufhin fachmännisch hineingleiten und stellt dann fest, dass das Kettwurst-Brot, indem die, vor Kettwurst-Sauce nur so triefende, Kettwurst steckt, leckt! Auf Deutsch: das Brot hat ein Loch!

Gefunden bei www.flickr.com .

Die patente Verkäuferin ließ sich aber nicht lumpen, formte aus Papierservietten eine Kettwurst-Windel und legte verbal nach:

Sie: Ick wickel' dit mal hier rum, nich' dasse sich schmutzich machen. Ick möchte se nachher nich' saubermachen müssen. Hahaha.

Und ich bin mir sicher, sie hätte es doch gewollt. Nur musste sie an diesem Tag noch die eine oder andere Kettwurst verkaufen, bevor sie den Stand verlassen durfte. Andererseits glaube ich, dass sie auch so ihren Spass gehabt hat.

Ich: Ne, ne, ich kann mich schon alleine waschen aber danke für die Servietten. Tschüss bis zum nächsten Mal.

Ich wußte, dass das nächste Mal in unbestimmter Ferne lag - ungefähr so weit wie Konnopke. Da ich von Natur aus eher scheu und solch spontanen Attacken Berliner Freundlichkeit und Service nicht gewachsen bin, habe ich entschieden, mich vorerst aus der Opferrolle zurückzuziehen und in der nächsten Zeit weder den MediMax noch den Kettwurst-Stand zu betreten.

Zu Hause angekommen, war der Kettwurst-Schock bereits ein bisschen abgeklungen, so dass ich mir sicher war, das Vorkommnis in einem Beitrag verwursten zu können. Ich schaute gleich bei Wikipedia, ob es den Eintrag "Kettwurst" schon gibt. Als ich ihn fand, habe ich mich kurz geärgert, dass einige Besserwisser meinen, Kettwurst schreibe man mit nur einem 't' - nämlich so: Ketwurst! *3) Schließlich korrigierte ich aber nur einen Kommafehler in selbigem Artikel und beendete den Tag mit einem inneren Monolog.


*1) Ich wähle das Englische, um dem ganzen mehr Dynamik zu verleihen.
*2) Auch hier wirkt das Englische dynamischer.
*3) Um Himmelswillen nicht nachmachen!!!

23. Januar 2007

Spießig?

In letzter Zeit entdecke ich vermutlich altersbedingte Veränderungen an mir. Ich bin mir selbst nicht ganz schlüssig darüber, was ich davon halten soll. Alles fing mit der Abschlussarbeit an, die ich vor einiger Zeit schrieb. In dieser Zeit entwickelte ich einen extremen Sinn für Ordnung, vorzugsweise bei anderen, aber auch vermehrt bei mir. Man sagt ja immer, in den Prüfungszeiten sei das Domizil so sauber, wie sonst nie. Ich musste mich zu dieser Zeit mit geradezu brachialer Gewalt in die Bibliothek zwingen, damit ich nicht die Fensterscheiben löcherig putzte. Auf meiner Schrankwand war so wenig Staub, wie nie zuvor. Dafür war auch schon das falsche Holzfurnier fast durchgeschrubbt. Später war ich glücklich über eine neue Mitbewohnerin, die ebenso einen Sinn für Ordnung hat, so dass ich bald beruhigter in die Bibliothek gehen konnte.

Bis heute hat sich das zum Glück etwas gelegt, so dass ich mir sicher bin, keine dauerhaften Schäden von dieser Dauerprüfungssituation davongetragen zu haben: Die Pfandflaschen lagern nun wieder so lange bei mir zu Hause, bis Mama mir ihr Auto leiht. Dafür passieren andere Dinge, die ich bei genauerem Nachdenken für fast noch schlimmer halte:

Als User habe ich immer viel Respekt vor Leuten aus der Netzwelt, die in Ihrem Portfolio stehen haben: Administrator bei Wikipedia. Das sind Menschen, die dafür sorgen, dass wenigstens etwas Ordnung in das chaotische Web 2.0 kommt. Seit neuestem trage auch ich meinen Teil dazu bei:

Ich habe mich jetzt schon zwei Mal in einem Zeitraum von vier Wochen dabei ertappt, wie ich Rechtschreibfehler in Wikipedia-Artikeln korrigierte. Bin ich jetzt ein Spießer? Oder ist das erst der Anfang meiner großartigen Karriere als Administrator bei Wikipedia?

19. Januar 2007

P-Berg-Protokolle I

Heute:

2 Leute mit Berlinale-Taschen gesehen
1 Kettwurst gegessen
1 Caramel-Macchiato im Balzac eingenommen
1 Jochen Schmidt im Balzac gesehen, aber nicht angesprochen

18. Januar 2007

Prozessionsspinner II

Auf Wunsch einer aufmerksamen Leserin füge ich nun, die schon beschriebene Kette von Prozessionsspinnern in einem Foto an. Ich hoffe, sie sind gut zu erkennen:

Seb-O-Mat, Grenoble am 01.01.2007

Wer weitere Informationen braucht, klicke hier und hier . Sehr interessant! Wer hat gedacht, dass die kleinste Berührung hätte gefährlich werden können. Okay, wir wollen mal nicht übertreiben, aber so ganz ohne ist diese Raupe jedenfalls nicht. Im Übrigen hätte ich nie gedacht, dass ich mich so intensiv mit Raupen beschäftigen kann. Bin ich jetzt ein Raup-O-Loge?

17. Januar 2007

Clemenz und Anne - eine Panne?

Freitag, 12.01.2007, 17:45h. Meine Mission: Beschattung mit Photo. Mein erster Auftrag im Interesse meiner Leser. Hatte ich ja selbst angezettelt. Ich muss aufs Klo. 17:48h. Jetzt aber los! Teleobjektiv nicht vergessen. Ein Leser kann auch gucken. Wär ja auch noch schöner, wenn nicht. Den Regenschirm nicht vergessen, es nieselt draussen. Außerdem schwarze Jacke, schwarzer Schal und schwarze Wollmütze angezogen, umgehängt und aufgesetzt. Das Stativ nicht vergessen, es ist dunkel. Die Bilder verwischen, wenn man kein Stativ benutzt. Ich entscheide mich für das Hama Profil 72. 'Stativ' mit kurzem 'i' und mit 'v'. Dazu Kamera und Teleobjektiv. Ich habe mir meinen Beobachtungsstandort schon mehrmals in Gedanken vorher ausgemalt. Es kann losgehen! Halt! Es fehlt noch ein Accessoire zur perfekten Tarnung: Ich hefte einen Tokio-Hotel-Button direkt an das Revers meiner schwarzen Winterjacke. Da ich mir meine Zielpersonen als der Jugendkultur zugehörig vorstelle, meine ich, so völlig unauffällig zu sein.

17:53h. Ich gehe los. Schnelle, große Schritte. Es ist kurz vor sechs, die Kirchturmglocken läuten schon. Ich bin so nervös, als rannte ich zu meinem eigenen Rendezvous. Ich überlege, was ich sage, wenn ich auf Clemenz und Anne treffe. Mein Herz hämmert - schneller als beim 100m-Sprint-Finale der 4x100m-Staffel zur Berliner Meisterschaft 1997. Diesmal will ich nicht ausrutschen, nicht zu spät kommen. Einen zweiten zweiten Platz kann ich nicht vertragen. Auf dem Gehweg überhole ich alle - rechts wie links - Rentner, junge Mütter mit Kinderwagen und Fahrradfahrer. Ich hätte vorher auch nicht gedacht, dass aus so einer kleinen Geschichte so eine Riesenstory werden könnte. 17:55h. Nur noch wenige Meter bis zur Hochbahntrasse auf der Schönhauser Allee direkt gegenüber vom Café Balzac. So hatte ich mir meinen idealen Standpunkt ausgemalt. Im Schatten der Treppe vom U-Bahnsteig wähnte ich ein gutes Versteck um den Strassenraum vor dem Café observieren zu können. Allein ein LKW macht mir einen mächtigen Strich durch die Rechnung. Als Lieferant für den an das Zielobjekt angrenzenden Waschmaschinen-An-und-Verkauf getarnt, stört er meine Sicht aufs Empfindlichste und so wird nichts aus meinem Beobachtungsposten. Überhaupt ist die ganze Schönhauser extrem unübersichtlich. Menschen kommen aus den Arkaden und überqueren ungefragt die Strasse in Richtung Balzac. Umgekehrt das Gleiche. Menschen verlassen das Balzac und überqueren die Schönhauser. Oder schlimmer noch: Sie gehen zu Alain's Imbiss und nehmen noch eine Kettwurst ein. Es ist ein Durcheinander und es ist: 18:00h! Hinzu kommt, dass das Wetter sich verschlechtert. Aus dem Nieseln wird ein starkes Nieseln. Ich entscheide mich, zwischen dem LKW und dem Balzac, also ziemlich genau vor den großen Schaufenstern des Cafés, mein Stativ aufzustellen und zu warten. Immer noch das gleiche Bild. Obwohl es regnet: überall Menschen. Vermutlich haben die ein Zuhause und wollen auch noch da hin. Geschäftiges Treiben. Von Anne und Clemenz keine Spur, die Bank vor dem Balzac ist leer.

So langsam kommt mir der Gedanke, dass ich keine Vorstellung davon habe, wie Anne und Clemenz aussehen könnten. Ich erinnerte mich an meinen Freund Clemens. Vielleicht sieht Clemenz aus wie Clemens. Vielleicht sind sie ja ein und dieselbe Person. Dann fällt mir ein, dass Clemens gar nicht in der Bornholmer Strasse wohnt und daher nie Annes Flugzettel hätte bekommen können. Vielleicht hatte Clemenz ihr das auch nur gesagt, um sie schneller wieder los zu werden. Haltlose Spekulationen helfen an dieser Stelle aber nicht weiter.

Ich stecke den Apparat in die Stativhalterung und drücke ab. Unterbelichtet! Verdammt, ich habe noch den Landschaft-bei-Sonnenschein-Modus vom Grenoble-Urlaub eingestellt! Von Anne keine Spur. Kalter Regen tropft auf meine Hand. Das Objektiv hat schon zwei Tropfen abbekommen. Ich schieße weitere Alibi-Fotos.

Seb-O-Mat, Berlin am 12.01.2007

Meine Gedanken sind bei Anne, Clemenz und meinen Lesern. Ist Anne nicht gekommen? Hat Clemenz den Zettel nie erhalten? Hat Clemenz versucht, Anne anzurufen? Sie aber nicht erreicht, weil er nicht wusste, dass ihr Handy gestohlen wurde? Schon wieder Spekulationen! 18:10h. Ich gehe rein. "Zugriff!" flüstere ich in Richtung meines Tokio-Hotel-Buttons am Revers meiner Jacke. Zwei Sekunden später bin ich mir peinlich und hoffe, dass es niemand gesehen hat.

Ich bin drin und durchquere in einer mir eigenen, aber unbeschreiblichen Art den Laden. Alle gucken mich an, meine Tarnung ist aufgeflogen! "Macht nichts!" denke ich, ist ja mein erstes Mal. Ich bestelle sofort, um neue Tarnpunkte zu bekommen, einen Latte Macchiato, natürlich richtig ausgesprochen, damit's nicht auffällt. Der Übereignungsakt erfolgt ohne nennenswerte Zwischenfälle. "Wenigstens eine Sache, die klappt", denke ich bei mir. Habe ich ja auch schon hundertmal geübt, hier im P-Berg. Nachdem ich mir, wie üblich, Zimt und braunen Zucker auf die Latte gestreut habe, nehme ich mir einen günstigen Platz als Beobachtungsposten.

Seb-O-Mat, Berlin am 12.01.2007

Ich setze mich am Fenster auf einen von den Ich-mache-meine-Hausaufgaben-und-gucke-dabei-sowieso-nur-
draussen-die-Leute-an-Plätzen und bin strategisch bestens platziert. Von hier aus kann ich sowohl die Szenerie vor dem Laden, als auch den Türbereich gut einsehen. Und wenn ich mal muss, ist die Klotür gleich hinter mir. Und wenn Anne und Clemenz mal müssen, müssen sie an mir vorbeimüssen. Ich sitze und warte. Das Observierungsgeschäft war noch nie mit opulenten Ergebnissen gesegnet. Es ist ist inzwischen 18:15h. Das akademische Viertel ist um...

13. Januar 2007

The Story of Clemenz und Anne...

...will follow soon. Ich muss nur erst noch eine Bewerbung fertigmachen und das erweist sich als umständlich. Ich bitte also um Geduld:
Geduld, bitte!

12. Januar 2007

Wie werde ich Türsteher von einem Elektrofachhandel?

Heute bei Medi Max trug sich folgende Szene zu: Ich komme gerade von einer Undercover Aktion (ne übliche Beschattung mit Photo) und trage deshalb noch mein Stativ unterm Arm. Es passt ja nicht in meinen Rucksack. Mich selbst hat das beim Betreten des Ladens auch gar nicht weiter gestört, genug Beinfreiheit hatte ich ja. Ich verschwendete daran also gar keinen Gedanken. Aber der Türsteher von Medi Max! Der bot mir ohne Vorwarnung folgendes Wortgefecht...:

Türsteher: Ey! Soll dit 'n Umtausch wer'n?

Ich: Nein, das hab' ich so dabei!

Türsteher: Na dann is' vielleicht besser, wenn ick ihn' so'n Zettel hier jebe, wo dit druff steht. Wir ha'm nämich och Stative.

Ich: Das ist ja gut, dass Sie das sagen. Mir wäre das gar nicht aufgefallen.

Türsteher: Welche Marke isset denn?

Ich: Hama.

Türsteher: Und welcher Typ?

Ich: Profil 72.

(Kurze Pause. Er schreibt und guckt dann vom Zettel hoch.)

Türsteher: 'Profil' mit langem 'i'?

Ich: Ne, mit kurzem. Und ausserdem schreibt man Stativ mit 'v'!

Türsteher: Sehnse, ick hab gleich jewusst, dass da wat falsch is.
Dem hatte ich am Ende nichts hinzuzufügen.

Kommt Clemenz von Demenz?

Seid gespannt! Nur noch 18 Stunden und die Geschichte von Anne und Clemenz geht weiter...

11. Januar 2007

Prozessionsspinner

"Spinner!" Das habe ich mir gedacht, als ich diese Raupenkaravane den Grenobler Asphalt entlang... tja... marschieren?... hm... robben? ...kriechen? ...puh... Ah! ...als ich diese Raupenkaravane den Grenobler Asphalt entlangraupen sah:

Seb-O-Mat, Grenoble am 01.01.2007

21 Raupen in Reih' und Glied. Schnurstracks geradeaus! Naja, eher mit ein paar Kurven zum neuen Jahr. Wahrscheinlich steckte das alte noch in den Knochen äh vielmehr Weichteilen. Als Laie der Raupenkunde war ich mir nicht im Klaren darüber, um welche Sorte es sich handelte. Erst ein Mitglied der Fotocommunity brachte mich dann auf den richtigen Weg: diese Raupen gehören wahrscheinlich zur Art der Prozessionsspinner. 'Prozession', weil sie prozessionsartig, wie eine Schlange aneinandergereiht ihres Weges wandeln, sobald sie ihr Nest verlassen. Und 'Spinner', weil das ganz schön albern aussieht. Aber so lange es hilft...

10. Januar 2007

Anne und Clemenz

Hallo Clemenz!
Mir wurde mein Handy geklaut!
Ich hab Samstagnachmittag versucht dich zu finden.
Da dies nicht geklappt hat, musste ich mich für diesen Weg entscheiden und die ganze Straße liest gerade den gleichen Brief wie du!
Peinlich!!!
Ich brauche deine Nummer noch mal.
Es wäre schön wenn wir uns am Freitag um 18 Uhr - wie beim letzten Mal - vor dem Cafe (Balzac) treffen könnten.
Danke
Anne

P.S.: Da dieser Brief in den meisten Fällen nicht für sie bestimmt ist, tut mir die kleine Störung Leid und ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag.
Was sagt man dazu? Nichts böses ahnend, öffne ich soeben den Briefkasten. Wohlwissend, dass es noch keinen analogen Briefkasten-Spamschutz gibt, bin ich gefasst auf Rechnungen und Werbung. Beides trifft entsprechend der Vorsage hundertprozentig ein. Hundertprozentig? Nicht ganz! Zwischen den Rechnungen und der Werbung lag ein kleiner Zettel: in Times New Roman gedruckt, linksbündig gesetzt und schlecht geschnitten. Zunächst dachte ich, jemand würde mir auf die Handzettel-Art-und-Weise einen Job à la "2000,- € von zu Hause nebenbei verdienen. Ganz einfach und steuerfrei!" anbieten. Doch genaueres Hinsehen entpuppte obiges Zitat (im übrigen original übernommen).

Auf den Punkt gebracht: Anne sucht Clemenz(!), doch Clemenz' Telefonnummer war in Annes digitalem Gedächtnis - ihrem Handy - gespeichert, welches ihr ganz analog (hier in etwa 'oldschoolmäßig'), nämlich durch gemeinen Diebstahl, abhanden kam. Das ist nicht ungewöhnlich. Seien wir ehrlich: Es hätte jedem von uns passieren können. Wer hat schon noch ein handgeschriebenes Telefonbuch, dass einen Dieb interessieren könnte? Das spannende an dieser Geschichte ist jedoch Annes Pragmatismus, ihr unbedingter Wille Clemenz wiederzusehen und für ihr Problem eine unkonventionelle Lösung zu finden. Anstatt Clemenz einfach aufzugeben, was aufgrund unzähliger anderer Kontakte bei Skype, StudiVZ, ICQ und Konsorten wohl die bequemste Lösung gewesen wäre, besann Anne sich einer Zeit in der man die Menschen, mit denen man seine Zeit und seine Gedanken teilte, noch an deren Geruch erkennen konnte. Sie betrat jedes Haus in Clemenz' Straße eigenfüßig und warf in jeden Briefkasten egal ob Vorderhaus oder Quergebäude eine Zettel, den sie selbst verfasst und mit Liebe gedruckt hatte.

Wie hätten wir in Annes Situation reagiert? Vielleicht genauso, womöglich aber auch ganz anders. Das können wir nur hypothetisch konstruieren. Da das aber in einer dominant-digitalen Welt viel zu analog (hier in etwa 'kontingent') ist, sollten wir lieber zusehen, was mit dieser Geschichte noch passiert.

Wird Anne Clemenz wieder treffen? Wird sich die gesamte Bornholmer Straße, in deren Briefkästen Annes Spamwerk seine Blüte fand, gegen Anne auflehnen und einen menschlichen Firewall bilden, damit so etwas nicht noch einmal geschieht? Wird Anne lernen, von nun an immer auch Nachnamen und Anschrift ihrer Liebhaber zu erfragen? Wird sie eine andere Lehre daraus ziehen und sich ein Zweithandy zulegen? Wird sie...

Fragen über Fragen und die einzige Möglichkeit zu einer Antwort zu gelangen ist folgende: Alle, die sich in irgendeiner Form für diese Geschichte erwärmen konnten und unbedingt wissen wollen, wie es weitergeht, sollten am Freitag, den 12.01.2007 um 18 Uhr (wegen der guten Plätze vielleicht auch etwas früher), zum Café Balzac gleich am S- und U-Bahnhof Schönhauser Allee kommen. Ich jedenfalls verpasse dieses Treffen bestimmt nicht und wünsche mir, dass sie sich kriegen. Ich bin froh, dass es für Briefkästen keinen Firewall gibt.

PS.: Wer von Euch eine gute Fortsetzung findet, ist hiermit eingeladen, sie hier zu veröffentlichen.